Die Elfjährige Flavia de Luce lebt zusammen mit ihren beiden älteren Schwestern und Vater auf dem englischen Landsitz Buckshaw. Der Alltag der de Luces ist geprägt von schwesterlichen Neckereien und einem ruhigen, distanzierten Vater, der seiner verstorbenen Frau noch immer nachtrauert. Auch Flavia vermisst ihre Mutter Harriet sehr, gerade weil sie nie die Möglichkeit hatte sie kennenzulernen. Dafür teilt sich Flavia eine besondere Leidenschaft mit der Mutter: die Chemie. Im persönlichen Labor der de Luces kann sich das Mädchen richtig austoben und lernt so viel sie kann über die Chemie. Ein Hobby, das sehr hilfreich für Flavia wird, als ein Unbekannter tot in ihrem Gurkenbeet aufgefunden, ihr Vater des Mordes beschuldigt wird und sie dessen Unschuld beweisen will.
Alan Bradley ist ein wirklich toller Erzähler. Sein Schreibstil ist schön und man schafft es gut Flavia durch die Geschichte zu folgen. Diese selbst ist spannend aufgebaut und überrascht mit der ein oder anderen Wendung.
Obwohl mir das alles durchhaus bewusst ist, konnte ich leider nicht so recht mit dem Buch „warm werden“. Ich bin eine Leserin, die sich als erstes von den Charakteren und deren Geschichten fesseln lässt, danach von der übergeordneten Story an sich. Lese ich also ein Buch, in dem ich die Charaktere durch und durch interessant finde, schaue ich über kleinere Plotlöcher gerne hinweg. Im Fall von Flavias erstem Abenteuer war es jedoch genau der umgekehrte Fall. Die Geschichte ist gut aufgebaut und schlüssig aufgelöst worden. Nur konnte ich mich mit keinem der Charaktere so richtig anfreunden. Flavias Vater ist mir zu distanziert und schwelgt zu sehr in der Erinnerung an seine Frau. Ihre Schwestern versinken entweder in der Welt der Bücher, oder sind oberflächliche Zicken. Das wäre für mich trotzdem kein Problem gewesen, wenn ich Flavia selbst als Protagonistin leichter hätte ins Herz schließen können. Ich habe darum gekämpft, sie zu mögen, manchmal habe ich auch schmunzeln müssen, aber die meiste Zeit konnte sie mich nicht recht überzeugen.
Flavia ist alles andere als das normale junge Mädchen von nebenan. Das finde ich als Ansatz sehr interessant – denn Charaktere mit Ecken und Kanten sind von je her spannend zu lesen. Sie ist eine Außenseiterin, die sich mit Leidenschaft der Chemie widmet. Das erste Problem, das ich mit ihr habe. Welche Elfjährige verschlingt hochkomplizierte Chemiebücher, versteht sie bis ins kleinste Detail und führt die Experimente selbst durch, ohne je Fehler zu machen? Ja, Flavia brauchte diese Eigenschaft und sie war ein extrem wichtiger Punkt in der Geschichte, aber ich fand sie unglaubwürdig. Neben ihrem naturwissenschaftlichen Genie ist Flavia natürlich auch noch in der Lage mal ganz allein einen Mordfall zu lösen, weil sie kennt ja diesen und jenen chemischen Stoff und weiß sofort worum es sich handelt. Auch generell finde ich, dass sie meist zu schnell und treffsicher für ein elfjähriges Mädchen kombiniert. Ein oder zweimal liegt sie falsch, aber nicht lange, da hat sie die Antwort, kann den kompletten Tathergang nachvollziehen und weiß viel mehr als die Polizei es jemals tat.
Genau das ist das größte Problem, das ich mit dem Buch hatte. Flavia war für mich einfach zu übermächtig, zu gewitzt, was sie für mich schon wieder unrealistisch hat wirken lassen. Ich kann leider nicht anders, als zu sagen, dass es mich irgendwann nur noch genervt hat. Denn egal wie schlau Flavia ist, wie sehr sie die Chemie liebt, sie ist und bleibt elf Jahre alt! Nur merkt man davon nicht viel. Hier und dort werden ein paar Gedanken eingestreut, die zeigen sollen, dass sie eben doch noch ein Kind ist, aber für mich gab es davon einfach zu wenige.
Da ich sie und die anderen Charaktere nicht sympathisch fand, konnte ich das Buch nicht locker durchlesen, sondern musste mich manchmal dazu bringen, es zu beenden, damit ich diese Rezension schreiben konnte.
Meinen Geschmack hat Alan Bradley leider nicht treffen können und ich werde den zweiten Band, „Flavia de Luce - Mord ist kein Kinderspiel“, wohl nicht lesen.
Heißt das jetzt, das „Flavia de Luce – Mord im Gurkenbeet“ ein schlechtes Buch ist?
Nein. Es gibt sehr viele Flavia Fans, die das Buch lieben. Alan Bradley hat Preise dafür bekommen – mit Sicherheit nicht unverdient. Denn Bradley hat ein durchaus ansprechendes Werk geschaffen, das jedoch nicht für jedermanns Geschmack geeignet ist (aber welches Buch ist das schon?). Wem eine ausgefallene Heldin, oder besser gesagt, ein elfjähriges Genie mit einer übermächtigen Vorliebe zur Chemie gefallen mag und wer eine schön erzählte Geschichte zu schätzen weiß, dem ist Flavias erstes Abenteuer durchaus zu empfehlen.
Taschenbuch: 384 Seiten, Verlag: Blanvalet, ISBN-13: 978-3442376247
Originaltitel: The Sweetness at the Bottom of the Pie
1 Kommentare:
Ich muss sagen, ich kämpfe mich etwas durch dieses Buch.
Ich hab es auf der Arbeit liegen und lese ab und an drin rum, wenn nichts zu tun ist, aber nach Hause mitnehmen und es wirklich lesen, dazu fehlt mir echt die Lust. Denn irgendwie können mich weder Story noch die Charaktere wirklich fesseln.
Ich find es nicht schlimm, das Flavia so unglaublich begabt auf den Gebieten der Chemie ist. Das Patenkind meiner Mutter konnte mit 1 1/2 Jahren jedes Auto bei Namen und Bauhjahr benennen, aber nicht den eigenen Namen aussprechen. ;D
Aber irgendwie fehlt mir da so die Möglichkeit mit zu rätseln. Man hat einfach zu wenig Anhaltspunkte, als dass man sich wirklich den Kopf über den Tathergang zerbrechen möchte.
Dafür habe ich Gladys sehr ins Herz geschlossen. Der beste Charakter überhaupt!
Die Patti again
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