Dienstag, 14. Juni 2011

[Rezension] Die Auswahl von Ally Condie

Gebundene Ausgabe: 452 Seiten  
Verlag: Fischer Fjb  
ISBN-13: 978-3841421197
Klappentext:
Das System sagt, wen du lieben sollst – was sagt dein Herz?

»Ich stehe da und starre auf den Bildschirm und während die Sekunden verrinnen, kann ich nichts anderes tun, als stillzuhalten und zu lächeln. Um mich herum begannen die Leute zu tuscheln. Mein Herz klopft stärker denn je. Der Bildschirm ist und bleibt dunkel. Das kann nur Eines bedeuten ...«
Für die 17-jährige Cassia ist heute der wichtigste Tag ihres Lebens: Sie erfährt, wen sie mit 21 heiraten wird. Doch das Ergebnis überrascht alle: Xander, Cassias bester Freund, ist als ihr Partner vom System ausgewählt worden. Als jedoch, offenbar wegen eines technischen Defekts, das Bild eines anderen Jungen auf dem feierlich überreichten Microchip auftaucht, wird Cassia misstrauisch. Kann das System wirklich entscheiden, wen sie lieben soll?


 Der erste Satz: 
"Jetzt, wo ich herausgefunden habe, wie ich fliegen kann, welche Richtung soll ich da nehmen hinaus in die Nacht?"
Was Izzy dazu sagt:
Das System sagt dir, wen du lieben sollst. Das System wählt aus, welche Arbeit du dein Leben lang ausüben wirst. Es entscheidet, welche Andenken du behälst – alles nur zu deiner Sicherheit.
Fest von dieser Meinung überzeugt ist Cassia, als man sie zu Beginn des Buches kennenlernt. Und dass nicht nur an irgendeinem Tag, sondern an dem ihres Paarungsbanketts. In Cassias Land Oria, das von der Gesellschaft bestimmt und verwaltet wird, ist es nämlich üblich, dass ein Paar sich nicht selbst findet, sondern zusammengestellt wird. Am Anfang des Buches erfährt man durch Cassia die ganzen Vorteile, die durch dieses System sichergestellt werden: die Menschen bekommen gesündere Kinder, führen glücklichere Leben, die länger wären als je zuvor.
Aber kann wirklich alles gut sein an einer Gesellschaft, die die Liebe vorherbestimmt? Die entscheidet, was man isst und wann? Die sich sogar das Recht herausnimmt, Leben zu einem bestimmten Zeitpunkt zu beenden?
Nach und nach beginnt Cassias Weltbild zu bröckeln. Alles fängt damit an, dass auf ihrem Microship nicht etwa das Bild ihres perfekten Partners Xander erscheint, sondern das von Ky. Einem Jungen, der zu Cassias Freundeskreis gehört und gleichzeitig fast ein Unbekannter für sie ist. Doch als Cassia anfängt sich näher mit ihm zu beschäftigen, wird ihr klar, dass sie nie genauer hingesehen hat, wenn es um Ky Markham ging. Und der bemüht sich auch redlich darum, dass es so bleibt. Aber als beide aus ihren altbekannten Mustern ausbrechen, entdecken sie Dinge, die ihre Weltanschauung ins Wanken bringen. Cassia zweifelt immer mehr an dem System und seinen Regeln. Denn wieso sonst sollte sie sich in einen anderen als ihren perfekten Partner verlieben?

Ally Condie entwickelt ihre Dystopie, rund um die Geschichte von Cassia, ganz langsam. Zunächst ist Cassia voll und ganz überzeugt von der Lebensweise ihrer Gesellschaft. Sie hat Verständnis und sieht all die Vorteile, die durch die vielen Regeln und Vorschriften geschaffen werden konnten. Doch zwischen den Zeilen merkt man, dass nicht alles, was glänzt, auch wirklich Gold ist, und begleitet Cassia im Verlauf der Geschichte dabei, wie sie das selbst herausfindet.
Sie lernt während dieser Zeit nicht nur mehr über ihre Gesellschaft, sondern auch einiges über sich selbst. Cassia hat zu Anfang einen guten Stand und eine vielversprechende Zukunft vor sich. Sie ist eine geborene Sortiererin und besitzt die Fähigkeit Muster in allem zu erfassen, aber was sie nie geglaubt hätte, sie schafft auch gerne Dinge. Sie liebt Worte, sie liebt Gedichte und irgendwann vermisst sie die Freiheit, das offen zeigen zu können.
Ab da beginnt sie wirklich zu sehen, wie unfrei sie ist, wie wenig Raum zum Atmen ihr in der allzu perfekten neuen Gesellschaft bleibt, die versucht all die Fehler früherer Generationen zu umschiffen. Dabei mutet diese Welt seltsam gefühlskalt und zu durchorganisiert an. Oft wird etwas nicht aus Freude oder Leidenschaft getan, sondern, weil es so vorgesehen ist und verlangt wird.
Die Welt von Oria ist technisch nicht hoch entwickelt, dennoch hat Ally Condie gute Ideen, die zwar nur kleine Unterschiede zu unserer Gesellschaft darstellen, aber dadurch umso wirksamer sind. So wird nicht zum Genuss gegessen, sondern die Nahrungsaufnahme dient nur dazu, gesund zu bleiben und genügend Kalorien zu sich zu nehmen. Solche kleinen Änderungen ziehen sich durch das ganze Buch und gerade diese machen es aus.
Obwohl die Story nur langsam vorankommt, habe ich Die Auswahl flott gelesen. Der Stil ist flüssig, die Ereignisse nicht actionreich, allerdings von Bedeutung, ohne dass sie aneinandergereiht wirken. Einziges großes Manko ist für mich, dass Xander – Cassias perfekter Partner – um einiges zu kurz kommt. Natürlich kennt Cassia ihn seit ihrer Kindheit und dementsprechend gut, aber der Leser tut das nicht. In den wenigen Szenen, die Xander hat, kann er zwar mit einem starken Charakter überzeugen, aber leider nicht an Tiefe gewinnen.
Durch die Ereignisse im letzten Drittel kommen viele interessante Fragen auf, die auf den zweiten Band neugierig machen. Wie entwickelt Ally Condie ihre Welt weiter? Was lernt Cassia noch über die Vergangenheit und die äußeren Provinzen? Wird sie es schaffen, ein System zu umgehen, das durchaus seine Schwachstellen hat, die es aber rigoros zu schützen versucht?
Fragen, auf die ich gerne eine Antwort hätte, die im zweiten Band, der auf englisch unter dem Titel "Crossed" am 1. November 2011 erscheinen wird, hoffentlich aufgegriffen werden.

Fazit:
Die Auswahl bietet eine solide dystopische Welt, in deren Zentrum Cassia steht, die nach und nach erkennt, dass vieles in ihrer Gesellschaft im Argen liegt. Sympathische Charaktere und eine überzeugende, wenn auch langsame Handlung machen das Buch lesenswert. Nach diesem gelungenem Auftakt freue ich mich auf den zweiten Band.




Anmerkungen zu ähnlichen Werken:
Da ich im Vorfeld auch das Buch Delirium von Lauren Oliver gelesen habe (dt. Erscheinungstermin: November 2011), komme ich um einen direkten Vergleich nicht herum. Dazu sind sich beide Geschichten viel zu ähnlich in Bezug auf Storyaufbau, -verlauf und teilweise auch -auflösung. Lauren Olivers Stärke liegt unumstritten in ihrer Sprache. Sie schafft es jedes Mal wunderschöne, poetische Worte aufs Papier zu zaubern, die den Leser innehalten lassen. Ally Condies Schreibstil ist nicht ganz so ausgefeilt, wobei ich glaube, dass sie für sich auch nicht diesen Anspruch erhebt. Doch auch in Die Auswahl gibt es Passagen, die durchaus anrühren und schön geschrieben sind.
Mir persönlich hat Die Auswahl besser gefallen, da ich trotz der langsam voranschreitenden Handlung mehr Entwicklung in Cassias Charakter gesehen habe, die oft an ein unmittelbares Ereignis geknüpft wurde. Lena hingegen, regt sich kaum und nimmt erst auf den letzten 20 oder 30 Seiten Fahrt auf, was mich ungemein an Delirium gestört hat, da Lena so viel mehr Potenzial für den ersten Band hatte. Auch bei Ky und Alex schneidet Ky für mich im direkten Vergleich besser ab, da er meiner Meinung nach über mehr Facetten und Charaktertiefe verfügt. Irgendwie reicht es bei mir für einen runden Charakter nicht, wenn er Gedichte aufsagt (so sehr ich E.E. Cummings auch liebe) und immer strahlt. Ky hat schlichtweg mehr charakterliche Abgründe und brachte mich stets dazu, mit ihm mitzufühlen.
Lesenswert sind beide Bücher und jeder muss wohl für sich selbst entscheiden, was er am Ende besser findet, oder ob er überhaupt so stark unterscheidet, da die Ähnlichkeiten nicht von der Hand zu weisen sind.

4 Kommentare:

Miss Bookiverse hat gesagt…

Deinen Delirium-Vergleich find ich sehr interessant. Ich hatte die Bücher bisher gar nicht so richtig miteinander in Zusammenhang gebracht, aber es gibt auf jeden Fall einige Parallelen. Spannenderweise favourisiere ich Delirium ;D Allerdings bin ich auch absolute Lauren Oliver Verfechterin, ich finde sie ist definitiv die bessere Schreiberin. Ally Condie steckt irgendwie noch in den Kinderschuhen, Lauren Oliver wirkt viel erfahrener.
Trotzdem mochte ich Matched auch sehr gern und freu mich bei beiden Büchern auf die Fortsetzung. Ich glaube da wird es noch richtig spannend, die Geschichten hatten ja beide einen eher ruhigen Anfang.

Izzy hat gesagt…

Ich kam gar nicht drumherum die Bücher zu vergleichen.^^ Sie sind sich meiner Meinung nach sehr ähnlich.
Ich denke, ich mag Die Auswahl lieber, da ich schon von vorneherein nicht so begeistert von Delirium war, wie die meisten anderen. Natürlich hat Lauren Oliver einen klasse Schreibstil, an den Ally Condie nicht heranreicht, aber ich konnte kaum etwas mit Lena anfangen bis auf das letzte Kapitel ungefähr. Alex war okay, aber Ky mochte ich lieber. Und obgleich beide Bücher langsam anfangen, fand ich die Ereignisse in Die Auswahl doch ein wenig spannender.

Komischerweise freue ich mich aber auf beide Fortsetzungen ähnlich stark. Das letzte Kapitel von Delirium war einfach zu gut, um nicht wissen zu wollen wie es weitergeht ...

Miss Bookiverse hat gesagt…

Das letzte Delirium Kapitel war soooo fiiiieeees *immer noch wein*

Izzy hat gesagt…

Ich bin so gespannt, wie es weitergeht. Nach dem Ende kann ich mir überhaupt gar nichts vorstellen ...

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