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Die Story in wenigen Sätzen:
Der 16-jährige Connor hat ständig Ärger.
Risa lebt in einem überfüllten Waisenhaus. Lev ist das wohlbehütete Kind
strenggläubiger Eltern. So unterschiedlich die drei auch sind, eines haben sie
gemeinsam: Sie sind Wandler und sie sind auf der Flucht. Vor einem Staat, in
dem Eltern ihre Kinder im Alter von 13 bis 18 Jahren umwandeln lassen können.
Angeblich ist die Umwandlung eine schmerzfreie
Angelegenheit und sowieso nichts wirklich Schlimmes. Denn laut der Ärzte lebt
jeder Teil des Körpers als Organspende in einem anderen Organismus weiter. Aber
wenn jeder Teil von dir am Leben ist, nur eben in jemand anderem ... lebst du
dann, oder bist du tot?
Erster
Satz:
„Du kannst dich verstecken”, sagt Ariana.
Das
sagt Lucy:
Ich mag Bücher, die einen zum Nachdenken
anregen. Die einen vielleicht sogar umdenken lassen. Die beim Leser auf jeden
Fall einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Vollendet ist eines von
diesen Büchern. Und ich kann es nur jedem wärmstens empfehlen. Dieses Buch
sollte wirklich jeder gelesen haben. Gerade hab ich es meiner Mutter
ausgeliehen – und hoffe, sie wird nicht zu sehr weinen beim Lesen. Denn, ich
sag es lieber gleich, wer ein Sensibelchen ist (wie ich), der wird bestimmt mit
der einen oder anderen Träne kämpfen müssen.
Die Geschichte spielt in einer nicht
allzu fernen Zukunft in Nordamerika. Nachdem dort lange Zeit der so genannte
Heartland-Krieg herrschte, in dem Abtreibungs-Befürworter und -Gegner
gegeneinander gekämpft haben, wurde die „Charta des Lebens“ verabschiedet. Darin
steht, dass Eltern, die Probleme mit ihren Kindern haben, diese zwischen ihrem
13. und 18. Lebensjahres rückwirkend „abtreiben“ lassen können. Dieser Prozess
wird Umwandlung genannt und dabei werden Jungen und Mädchen sämtliche
Körperteile und Organe entnommen, um sie jemand anderem einzupflanzen.
Es gibt auch kaum noch Ärzte, die
Krankheiten „normal“ behandeln, dafür hat man nun umso mehr Chirurgen, die sich
um Umwandlungen und die anschließenden Organ-Operationen kümmern.
Gesetzlich ist es einer Mutter außerdem
erlaubt, ihr Neugeborenes zu „storchen“, d.h. das Baby heimlich vor irgendeine
x-beliebige Haustüre zu legen und dann einfach zu verschwinden. Der Finder ist in
jedem Falle dazu verpflichtet, es zu behalten und großzuziehen. Ist vielleicht
gut gemeint, aber man muss sich vor Augen führen, dass nicht jeder Finder
glücklich über ein „Storchen-Baby“ ist. Und so kann es leider vorkommen, dass
ein Kind nicht die Liebe und Zuwendung bekommt, die es braucht – oder schlimmer
noch einfach liegen gelassen oder zur nächsten Haustür gelegt wird.
Doch natürlich gibt es Kids, die sich
dagegen wehren. Connor, Risa und Lev, die Protagonisten der Geschichte, sind
drei von vielen. Sie stehen auf der Liste der „Wandler“ und zusammen versuchen
sie, vor ihrem grausamen Schicksal zu fliehen. Dabei stellen sie sich immer
wieder die Frage, was nun eigentlich wirklich mit ihnen passieren würde, ob sie
noch leben oder ganz weg sein würden, würden sie letztlich tatsächlich
umgewandelt werden.
Über das Thema Abtreibung lässt sich
diskutieren und streiten, aber ich persönlich denke nicht, dass bald ein Krieg
aus diesem Grund bei uns stattfinden könnte. Dennoch bin ich der Meinung, dass
unsere Realität nur ein paar Schritte vom Inhalt dieses Buches entfernt sein
könnte. Denn, dass Menschen im Stande sind, grauenvolle, unmenschliche Dinge zu
tun, haben sie allemal bewiesen. Und medizinisch und technisch sollte das Ganze
kaum mehr ein Problem darstellen.
Vollendet gehört zu der
Art von Dystopie, die sehr realistisch ausgelegt und gestaltet ist, und das
Lesen somit noch viel gruseliger und aufwühlender macht.
Neal Shustermans Schreibstil ist simpel
und auf den Punkt gebracht. Die Kapitel sind alle nicht sehr lang und jedes ist
aus einer anderen Sicht geschrieben – hauptsächlich aus der unserer
Protagonisten, aber auch aus der vieler anderer Charaktere. Dies ermöglicht dem
Leser einen Einblick in die Köpfe so ziemlich aller auftretenden Parteien, und
gibt ihm die Chance, deren Ängste und Beweggründe nachvollziehen zu können.
Was mich allerdings am allermeisten
fasziniert hat, war die Tatsache, dass Neal Shusterman es geschafft hat, mich
permanent emotional in Schach zu halten, ohne großartig auf Jammer und Tragik
und Mitleid zu machen. Vieles steht zwischen den Zeilen – auch bei den
Dialogen.
Die Charaktere sind allesamt authentisch
dargestellt; jeder hat seine ganz eigene, ergreifende Geschichte. Und mit jedem
fiebert und leidet man irgendwie mit.
Die größte Entwicklung von allen macht
wohl Lev. Zunächst ist er das etwas naive Zehntopfer, das selbst all das glaubt
und glücklich mit dem ist, was ihm von klein auf eingetrichtert wurde. Aber
nach und nach – teils durch Connor und Risa, teils durch Pastor Dan, seinen
Vertrauten von Zuhause, teils durch einen Fremden, der ihm auf seinem Weg begegnet
– realisiert er, was wirklich hinter seinem Schicksal steckt und dass er von
all dem doch nicht so begeistert ist. Er beginnt zu hinterfragen und zu
hassen.
Die gesamte Geschichte hat mich bereits
von der ersten Seite an gefesselt. Ich konnte das Buch kaum weglegen und hatte
es somit schnell durch gelesen.
Was ich zuerst nicht wusste, Vollendet scheint der Auftakt einer Trilogie zu sein. Das finde ich persönlich etwas schade. Ich finde, dass es eigentlich ein sehr gelungener Einzeltitel ist. Dennoch ...
Fazit:
... Neal Shusterman hat mit Vollendet definitiv alles richtig
gemacht: Erschütternde Thematik, packender Schreibstil, starke Charaktere. Ich
kann nicht anders, als diesem Buch 6 von 6 möglichen Wombats zu geben und es
jedem, wirklich jedem ans Herz zu legen.
P.S.: Vielleicht kennt der ein oder andere MainstayPro auf youtube, die unter anderem bekannt für ihre "Die Tribute von Panem" Kurzfilme sind. Zu Vollendet haben sie jedenfalls auch einen gedreht und den wollte ich euch nicht vorenthalten. Ich finde den nämlich richtig gut gemacht.
2 Kommentare:
Ha! Das Buch habe ich auch eben gerade ausgeliehen und bin schon sehr gespannt - besonders nach der Rezi. :) Ich habe beim Ausleihen zwar befürchtet, "Vollendet" würde vllt wieder in die Dystopie-Ecke fallen, die zur Zeit ja leicht überfüllt ist, und Mr Shusterman damit wieder die selbe Schiene fahren wie so viele momentan, aber es klang durchaus spannend und deine Rezi hat mich nun vollends überzeugt, so schnell wie möglich Hand an das Buch zu legen. ;)
Hallo liebe Sternwanderin,
es freut mich, dass dir meine Rezi gefallen hat und du nun "Vollendet" lesen möchtest. Lass mich wissen, wie du es fandest, ja? :)
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