*Leseprobe*
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Er kommt ohne Ankündigung und hat nur bei Nacht geöffnet: der Cirque des Rêves – Zirkus der Träume. Um ein geheimnisvolles Freudenfeuer herum scharen sich fantastische Zelte, jedes eine Welt für sich, einzigartig und nie gesehen.
Doch hinter den Kulissen findet der unerbittliche Wettbewerb zweier verfeindeter Magier statt. Sie bereiten ihre Kinder darauf vor, zu vollenden, was sie selber nie geschafft haben: den Kampf auf Leben und Tod zu entscheiden.
Doch als Celia und Marco einander schließlich begegnen, geschieht, was nicht vorgesehen war: Sie verlieben sich rettungslos ineinander. Von ihren Vätern unlösbar an den Zirkus und ihren tödlichen Wettstreit gebunden, ringen sie verzweifelt um ihre Liebe, ihr Leben und eine traumhafte Welt, die für immer unterzugehen droht.
Der erste Satz:
Der Zirkus kommt überraschend.
Das sagt Lucy:
Du meine Güte, ich hab mir mit dem Lesen dieses Buches wirklich Zeit gelassen. 4 Monate, um genau zu sein. Aber es ist mMn auch kein Buch, das man in einem Rutsch lesen muss, es ist eher ein Buch zum Genießen; eine Geschichte, die einen in eine magische Traumwelt entführt, die man so schnell nicht mehr aufgeben möchte.
Ich bin ein großer Zirkus-Fan und ich finde das Cover wunderwunderschön, aber das ist nicht der einzige Grund, warum Der Nachtzirkus einen Ehrenplatz in meinem Buchregal bekommt. Ich bin einfach rundum begeistert von diesem Buch. Die Story klingt zunächst banal und nach nichts Neuem - zwei alte Zauberer, die schon seit Ewigkeiten miteinander konkurrieren; die ein Spiel daraus gemacht haben, zwei unschuldige Menschen an ihrer Ausdauer und ihren magischen Fähigkeiten zu messen; zwei Gegenspieler, Frau und Mann, die unterschiedlicher nicht sein könnten und sich hoffnungslos ineinander verlieben, mitten in der Kulisse Zirkus - aber Erin Morgenstern überrascht einen und bietet einem etwas komplett anderes, als man erwartet hat.
Der Nachtzirkus ist nicht nur die Geschichte eines Wettkampfes und einer scheinbar aussichtslosen Liebe, er beinhaltet noch so viele andere Handlungsstränge und zwischenmenschliche Beziehungen. Er erzählt von Charakteren, die viele Geheimnisse und interessante Lebensgeschichten in sich tragen. Besonders ans Herz gewachsen sind mir die Zwillinge Poppet und Widget, zwei wundervolle Persönlichkeiten, mit der Fähigkeit, etwas mehr zu sehen als andere. Und ebenso wie von all den vielen, unterschiedlichen Charakteren erzählt Erin Morgensterns Roman auch vom Zirkus mit all seinen verschiedenen Zelten und Facetten. Ich kann gar nicht sagen, welches mein liebstes Zelt war, der Gesamteindruck war einfach ziemlich berauschend ... aber doch, ja, die "Statuen" (das sich beinahe küssende Liebespaar und die Frau mit dem Kleid voller Liebeslyrik und der Rose in der Hand) haben bei mir definitiv eine Wirkung hinterlassen.
"Sie stehen engumschlungen da, ohne sich zu berühren, die Köpfe einander zugeneigt. Ihre Lippen sind im Augenblick vor (oder nach) dem Kuss erstarrt. (...) Viele Besucher sehen sie nur kurz an und gehen dann weiter, doch je länger du sie beobachtest, umso deutlicher erkennst du minimale Veränderungen in der Biegung einer Hand, die neben einem Arm schwebt, im Winkel eines perfekt ausbalancierten Beins. Jeder bewegt sich auf den anderen zu. Aber sie berühren sich nicht." (S.265f)
"Ihr weißes Kleid ist mit schwarzen, filigranen Mustern bestickt, doch asl Bailey näher herantritt, sieht er, dass die schwarzen Linien in Wahrheit auf den Stoff geschriebene Worte sind. Als er nah genug ist, um sie zu entziffern, wird ihm klar, dass es sich um handgeschriebene Liebesbriefe handelt. Worte voller Sehnsucht und Verlangen schlingen sich um ihre Taille und fließen die Kleidschöße hinab bis zum Sockel." (S.284)
Der Schreibstil der Autorin ist, wie man in den beiden kurzen Ausschnitten bereits erkennen kann, sehr poetisch, bildhaft und detailreich. Und ich muss gestehen, dass ich mich in ihn verliebt habe. Ich werde das Buch definitiv noch einmal lesen und mir alle meine Lieblingsstellen herausschreiben und/oder markieren.
Die Handlung ist in fünf Teile gegliedert und schreitet sehr gemächlich voran, egal in welchem Bereich. Insgesamt erstreckt sich die Geschichte über 30 Jahre. Vor jedem Kapitel findet sich eine Jahreszahl, manchmal ein ganz konkretes Datum, wieder. Ich habe den Anfang (bis hin zum ersten Aufeinandertreffen der beiden Protagonisten) und das Ende mit dem finalen Showdown (den ich im Übrigen richtig gut gelöst fand und der es geschafft hat, alle kleinen Nebenstränge miteinander zu verknüpfen) mit großer Begeisterung gelesen, im Mittelteil ging es mir hier und da ein bisschen zu langsam voran und ich hätte mir gewünscht, dass die Autorin schneller zum Punkt gekommen wäre.
Einblick bekommt man in so ziemlich jeden Charakter einmal, da die Kapitel alle aus unterschiedlichen Perspektiven, immer persönlich und in der 3. Person, geschrieben sind. Dadurch gibt es kein wirkliches Gut und Böse, keine Schwarz-Weiß-Malerei, sondern man war von Anfang bis Ende im Zwiespalt und hat mit allen Charakteren mitgelitten. Zwischendurch gibt es allerdings auch kurze Kapitel aus der Du-Perspektive; immer dann, wenn etwas vom Zirkus, z. B. ein bestimmtes Zelt, genauer betrachtet wird. Dadurch, dass der Leser in diesen Kapiteln direkt angesprochen wird, hält man noch mehr an den Glauben fest, sich mitten in der Geschichte, mitten im Zirkus zu befinden. Immer, bevor ein neuer Teil beginnt, bekommt man auch kurze Zitate des allerersten rêveur des Zirkus zu lesen.
Passend zum Cover und dem Thema Zirkus hat das Buch außerdem ein schönes, schwarz-weiß gestreiftes Vorsatz bekommen und teilweise wurden auch die Kapitelüberschriften verziert. Das muss auch in euer Bücherregal!
Fazit:
Der Nachtirkus ist ein absolut gelungenes Debüt von Erin Morgenstern. Für wundervolle Ideen, wundervolle Charaktere und einen wundervollen Schreibstil; für das Mitnehmen in eine andere Welt; für so viel Liebe und Träume und echte und nicht-echte Zauberei; dafür gibt es von mir 5,5 Wombats!
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