Freitag, 21. Juni 2013

[Von Schatten und Rauch] Mechthild Gläser-Interview


Lucy, Leselurch und ich hatten die tolle Gelegenheit ein persönliches Interview mit Mechthild Gläser zu führen und sie mit unseren Fragen rund um Eisenheim, das Autorenleben und allem, was uns sonst noch so eingefallen ist, zu bombadieren.

Lest hier ihre Antworten:




1.      Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Ich habe schon immer gerne gelesen, bereits als Kind besaß ich einen Ausweis zu unserer Stadtbücherei und habe mich da quer durchgegraben. Dabei war ich auf kein Genre festgelegt, sondern habe alles verschlungen, was mir in die Hände fiel. Lesen war für mich ein Abenteuer, in das ich eintauchen konnte. Es faszinierte mich, dass sich zwischen Papier und Druckerschwärze ganze Welten verbergen können, dass finde ich noch immer magisch.

Darüber, selbst einmal ein Buch zu schreiben, habe ich als Kind aber überhaupt noch nicht nachgedacht. Es klingt vielleicht komisch, aber in meinem Kopf waren Schriftsteller nie echte Menschen, sondern irgendwie perfekte Wesen, die etwas schafften, was man selbst nie hinkriegen würde.

Als ich 14 Jahre alt war, habe ich an der Theater AG meiner Schule teilgenommen und irgendwann herausgefunden, dass unsere Lehrerin die Stücke, die wir dort aufführten, selbst schrieb. Das war für mich das Aha-Erlebnis – mir wurde klar, dass Geschichten von ganz normalen Menschen verfasst werden, wie zum Beispiel Lehrerinnen. Diese Erkenntnis gab mir den Mut, mich zum ersten Mal selbst an einen Text zu setzen.

Natürlich war es  auch ein Theaterstück, das erschien mir in diesem Moment am naheliegensten. Als es fertig war, habe ich es meiner Lehrerin gezeigt, und der hat es tatsächlich so gut gefallen, dass wir es aufgeführt haben! Nach diesem ersten Erfolg bin ich dann relativ schnell auf die Idee gekommen, mich auch einmal an einem Roman zu versuchen.

2.      Und wie liefen deine ersten Versuche ein Buch zu schreiben?

Als ich mein erstes Buch geschrieben habe, war ich fünfzehn Jahre alt und es war noch sehr, sehr mädchen- und märchenhaft, mit Einhörnern und Glitzer und solchem Kram. Im Grunde war es auch noch kein richtiges Buch, dafür war es viel zu kurz. Um das zu vertuschen, habe ich die Seitenränder extra breit gemacht und eine extreme Schriftgröße gewählt. So konnte ich den Text dann auf über hundert Seiten strecken und mir selbst sagen: Ich habe ein Buch geschrieben.

Allerdings wurde mir relativ rasch danach bewusst, dass die Geschichte vielleicht doch noch nicht so toll und ja eigentlich auch viel zu kurz war. Also habe ich es noch einmal mit einer neuen Idee probiert. Inzwischen war ich sechzehn und das Ergebnis dieses Versuchs war das Manuskript, mit dem ich mich bei meiner heutigen Agentur beworben habe.

3.      Wie sieht dein Schreiballtag aus?

Es gibt eigentlich keinen richtigen Alltag. Da ich noch studiere, muss ich sehen, wo noch Zeit übrig bleibt, die ich nutzen kann. Zwischendurch hab ich die Semesterferien, in denen ich versuche jeden Tag zu schreiben und so viel wie möglich zu schaffen (am besten zehn Seiten pro Tag). Aber während die Uni läuft, geht das eben nicht immer. Oft kann ich wochenlang gar nichts schreiben, weil ich Prüfungen, Referate und Hausarbeiten zu erledigen habe. Deshalb kann ich es mir auch generell nicht leisten zu sagen, ich schreibe nur zu einer bestimmten Zeit am Tag. Ich schreibe, wann immer es möglich ist.


4.      Wo schreibst du am liebsten?

Ich habe festgestellt, dass es mir total hilft, in die Bibliothek zu gehen. Am liebsten und am besten schreibe auf einem harten Stuhl, ohne Internetzugang oder anderen Schnickschnack, der mich ablenkt. Das bringt mich dazu, mich komplett auf die Geschichte zu konzentrieren.

5.      Welcher Charakter war zuerst in deinem Kopf?

Flora.

   6.  Wie viel von der Flora, die wir aus dem Buch kennen, war von Anfang an da und was hat sich spontan beim Schreiben entwickelt?

Das kann ich eigentlich gar nicht so genau sagen. Es ist ein Prozess, sowohl die Charakterentwicklungen als auch der Plot an sich greifen beständig ineinander über, sodass ich nicht sagen könnte: „Ich suche mir jetzt erst die Figur aus und dann erfinde ich den Plot.“

Beim Schreiben selbst verändert sich dann natürlich auch noch einmal viel. Ich hatte Floras Charakter vorher schon vor Augen, aber während des Erzählens hat sie sich hier und da doch anders entfaltet, als ich das eigentlich gedacht und geplant hatte.

    7.   Wie viel Mechthild steckt in Flora?

Wir wohnen in derselben Stadt und machen beide Ballett (allerdings ist Flora sehr viel besser darin als ich). Da hören die Parallelen aber auch schon auf. Während Flora ihr Herz auf der Zunge trägt, bin ich ein etwas leiserer Typ. Außerdem ist sie eindeutig mutiger als ich.
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    8.  Wenn es möglich wäre, einen Charakter aus deiner
        Dilogie zu treffen, welcher wäre das und warum?

Das wäre eindeutig der Eiserne Kanzler. Er ist so ambivalent, man weiß nie, was er gerade so im Schilde führt und ich finde das sehr reizvoll. Ich würde liebend gern mal im Backand einen Tee mit ihm trinken gehen.

     9.    Hörst du beim Schreiben gerne Musik?

Nein. Vor bestimmten Szenen höre ich manchmal Soundtracks, um eine Stimmung besser einfangen zu können. Aber während des Schreibens nervt mich Musik eher und lenkt mich ab. Da müsste ich dann die ganze Zeit aufpassen, nicht den Songtext statt der Geschichte zu tippen.

     10.  Wie würdest du dich als Autorin in drei Worten beschreiben?

Märchenhaft, schokoladen- und wortsüchtig, neugierig.

11.  Was war dein schönstes Buch-Erlebnis?

Ich würde sagen, schönstes Buch-Erlebnis ist eigentlich immer, wenn ich etwas total Tolles lese, wenn ich ein Buch zuschlage und mit einem warmen Gefühl zurückbleibe. Das ist bei mir zum Beispiel bei den Romanen von Jane Austen so. Stolz und Vorurteil könnte ich wieder und wieder lesen.

12.  Hast du einen Lieblingsautor/eine Lieblingsautorin?

Neben Jane Austen mag ich auch Micheal Ende sehr. Zuletzt vom Hocker gehauen hat mich Solange die Nachtigall singt von Antonia Michaelis.

13.  Was war dein schönstes Erlebnis als Autorin?

Am schönsten war bisher der Tag, als die Nachricht kam, dass Loewe mir einen Vertrag anbietet. Ich war ja vorher relativ lange, nämlich insgesamt 7 Jahre, bei meiner Agentur unter Vertrag, ohne dass ein Verlag etwas von mir veröffentlichen wollte. Fast hatte ich die Hoffnung schon aufgegeben. Als ich Stadt aus Trug und Schatten geschrieben habe, schwang schon so ein bisschen der Gedanke mit: Wenn es jetzt nicht klappt, lässt du es sein. Sieben Jahre Ablehnungen haben viel Kraft gekostet. Als dann die Zusage von Loewe kam, war die Freude natürlich riesig.

14.  Worauf bist du bei Stadt aus Trug und Schatten und Nacht aus Rauch und Nebel besonders stolz?

Also an der Geschichte selbst gefällt mir die Schattenwelt am besten. Es hat mir großen Spaß gemacht, Flora Eisenheim erkunden und dabei immer wieder neue Ecken finden zu lassen.

15.  Was fiel dir beim Schreiben besonders schwer?

Bei Nacht aus Rauch und Nebel war es schwierig, das Ende zu finden. Zwischenzeitlich hatten wir ja mal an drei Bände gedacht. Da es nun aber doch eine Dilogie werden sollte, musste ich schon sehr hin und her überlegen, wie ich alle Handlungsstränge zum Abschluss führen konnte.

16.  Buch oder eBook?

Ich habe selbst noch keinen eReader. Das heißt aber nicht, dass ich dem ablehnend gegenüber stehe und nur Papier lesen will. Ich mag zwar das Gefühl, ein echtes Buch in der Hand zu halten, aber ich denke, ich käme auch gut mit einem Reader klar. Da ich momentan aber ohnehin kaum Zeit zum Lesen finde, hatte ich bisher nicht den Eindruck, mir unbedingt einen anschaffen zu müssen.

17.  Tipps für Neulinge, was das Schreiben angeht?

Ganz wichtig ist die Bereitschaft, ständig an sich und den eigenen Texten zu arbeiten. Aber auch Durchhaltevermögen braucht es, denn vielleicht sammelt man, so wie ich, erst einmal jahrelang Absagen und stellt erst hinterher fest, dass sich die Geduld gelohnt hat.

3 Kommentare:

Deengla hat gesagt…

Wie alt ist Mechthild Gläser denn eigentlich? War überrascht zu lesen, dass sie Studentin ist.

Unknown hat gesagt…

@ Deengla: Sie ist 1986 geboren, das heißt, sie müsste 27 sein oder zumindest dieses Jahr noch werden.

Deengla hat gesagt…

Danke für die Info!

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