Mittwoch, 24. Dezember 2014

[Märchen-Adventskalender] Interview mit Cornelia Funke

Hallo ihr Lieben,

wer Cornelia Funkes Romane kennt, der weiß, dass die in sämtlichen Ländern bekannte Kinder- und Jugendbuchautorin Märchen ganz besonders schätzt. Wir freuen uns so sehr, dass Sie sich in der stressigen Vorweihnachtszeit Zeit für unsere Interviewfragen genommen hat.

10 märchenhafte Fragen an Cornelia Funke



1. Wie kamen Sie auf die Idee zur Reckless-Reihe?

C.F.: Auf Umwegen :) Ich arbeitete mit einem Freund an einer Drehbuchadaption des Nussknackers und war immer faszinierter von der Idee, eine Welt zu erkunden, die unserem 19.Jahrhundert gleicht und in der alle Märchen historische Realität sind. Kurz - eine Märchenwelt, die erwachsen werden will und von unserer Wirklichkeit dabei beeinflusst wird.

2. Gibt es einen bestimmten Grund, weshalb Sie in Ihre Bücher immer einmal wieder gerne etwas Märchenhaftes einbauen?

C.F.: Ich bin ein Geschichtenerzähler und sehe mich daher in der Tradition aller anderen Geschichtenerzähler, die die Welt und die grossen Fragen, die wir uns alle stellen, in Bilder und Gleichnisse fassen. 

3. Welche Rolle spielen Märchen für Sie?

C.F.: Ich habe sie als Kind nie gemocht - aber hab sie trotzdem ständig gelesen. Es ist ja sehr interessant, wie unvergesslich Märchenbilder und Motive sind. Je älter ich werde, desto mehr sind die Märchen eines Landes für mich eine phantastische Reisevorbereitung. Sie sind Zeitmaschinen, beschreiben verlorene Götter, Landschaften, die das Leben der Menschen prägen, soziale Systeme….sehr aufregend :) Aber sie können auch sehr reaktionär sein, weil sie alte Werte aufrechthalten, die nicht mehr die unseren sind - etwas, das gerade uns Frauen betrifft. Interessanterweise haben sehr alte Märchen oft wesentlich stärkere Frauengestalten.

4. Welche Bedeutung haben Ihrer Meinung nach Märchen ganz allgemein in der heutigen Gesellschaft und Erziehung?

C.F.: Ich glaube, sie sind überall gegenwärtig! Man muss sich nur die zur Zeit sehr erfolgreichen Comicverfilmungen ansehen, von der Fantasy ganz zu schweigen. Wir verstehen unsere Wirklichkeit leichter durch Symbole, Bilder, Kreaturen, die Aspekte der Welt verkörpern. Sie erfassen unsere Wirklichkeit wesentlich leichter in all ihrer Widersprüchlichkeit.  

5. Was bedeutet für Sie „typisch Märchen“? 

C.F.: Einen Helden, der sich selbst erkennen muss. Wunscherfüllung. Kampf von Gut und Böse. Und tausend andere Dinge :)  

6. Haben Sie als Kind viele Märchen vorgelesen bekommen bzw. selbst gelesen? 

C.F.: siehe Anttwort zu Frage 3 

7. Haben Sie Ihren Kindern manchmal Märchen vorgelesen bzw. zum Lesen gegeben?  

C.F.: Selten. Ich habe Ihnen allerdings viel Fantasy vorgelesen. 

8. Haben Sie ein Lieblingsmärchen – wenn ja, welches und warum ausgerechnet dieses? 

C.F.: Die Sechs Schwäne gehören sicher zu meinen LIeblingsmaerchen. Die Motive haben mich immer schon sehr berührt und ich will eigentlich gar nicht genau wissen, warum, weil die Antwort sicher sehr komplex wäre.  

 
9. Mit welchem Märchencharakter können Sie sich selbst am meisten identifizieren?  
C.F.: Da muss ich sehr weit zurückgehen - zu Märchen, in denen die Frauen noch Heldinnen und Göttinnen sind :) Aber die Hexen mag ich auch gern :)  

10. Haben Sie ein liebstes Zitat aus einem Märchenbuch oder Märchenfilm?  

C.F.: Es war einmal ... :) 

Dienstag, 23. Dezember 2014

[Märchen-Adventskalender] Das Gewinnspiel!

Hallo ihr Lieben,

bevor es morgen weihnachtet, gibt es heute - wie versprochen - ein Gewinnspiel mit tollen Preisen. So toll sogar, dass wir sie am liebsten alle selbst behalten würden!;-)



1. Preis:

Das Reckless Märchenbuch von Cornelia Funke
inklusive eines signierten Posters der Autorin,
das uns der Dressler-Verlag netterweise zum Verlosen zur Verfügung gestellt hat















2. Preis:

Märchen Ohne Worte von Frank Flöthmann
das uns der DuMont Buchverlag zum Verlosen gespendet hat




















3. - 10. Platz:

Jeweils ein signiertes Poster von Cornelia Funke




 











Und wie könnt ihr diese wunderbaren Preise gewinnen?

1. Ihr müsst dafür nicht Follower dieses Blogs sein, trotzdem würden wir uns natürlich riesig freuen, wenn ihr unsere Storytime-Beiträge hier auch im nächsten Jahr verfolgt und kommentiert und wenn ihr uns auch auf Facebook liked und unsere Posts teilt! ;-)

2. Ihr müsst die drei märchenhaften Fragen aus diesem Video (entschuldigt unsere krächzenden Stimmen und die fertige Erscheinung, winterliche Erkältungen suchen uns gerade heim) beantworten und uns die richtigen Antworten bis um 12 mittags des 31.12.14 per Mail an storytimeblog@gmx.de zukommen lassen:




3. Unter allen richtigen Antworten werden die Gewinner ausgelost.

4. Die Sieger werden im Laufe des 31.12.14 bekannt gegeben und per E-Mail benachrichtigt. Ab diesem Zeitpunkt haben sie eine Woche, uns per E-Mail ihre Adressen mitzuteilen. Haben wir bis dahin nichts erhalten, wird neu ausgelost.
 

Wir drücken euch allen ganz feste die Daumen!!!

Alles Liebe & frohe Festtage,
Lucy & Jack

Donnerstag, 18. Dezember 2014

[Märchen-Adventskalender] Unbekannte Märchen, Teil V

Hallo meine Lieben!

Und heute gibt es ein Märchen von Clemens Brentano.
Ich glaube, dass diese Geschichten allgemein sehr unbekannt sind. Leider, wie ich finde.
Denn diese Märchen sind etwas ganz anderes als z.b. die der Gebr. Grimm. Sie sind nicht so grausam bzw. gewalttätig. Sie erinnern mich immer etwas an Fabeln oder Sagen. Zudem sind sie lang. Man könnte sagen, dass es fast schon richtige Kurzgeschichten sind.

Das Märchen, das ich euch heute vorstellen möchte, heißt "Das Märchen vom Murmeltier". Seitdem liebe ich Murmeltiere über alles :D

Ich poste hier nur mal den Link zum Märchen, denn wenn ich das Ganze hier reinstelle nimmt das ganz schön viel Platz weg :)

Das Märchen vom Murmeltier (C. Brentano)


Wenn ihr also mal Lust auf etwas andere Märchen habt schaut mal in ein Märchenbuch von Clemens Brentano :)

Liebe Grüße
Euer Jack

Mittwoch, 17. Dezember 2014

[Märchen-Adventskalender] Unbekannte Märchen, Teil IV

Hallo!

Heute stelle ich euch wieder ein Märchen von Hans Christian Andersen vor. Ich finde, es passt ganz gut in die heutige Zeit. Es wird geredet und getuschelt, und am Ende bleibt doch alles Gequatsche nur ein Gerücht


      "Das ist wirklich wahr"


»Das ist ja eine schreckliche Geschichte« sagte ein Huhn, und zwar an dem Ende des Dorfes, wo die Geschichte nicht passiert war. »Das ist ja eine schreckliche Geschichte im Hühnerhaus. Ich getraue mich gar nicht, heute nacht allein zu schlafen! Es ist nur gut, dass wir so viele im Stalle sind« - Und dann erzählte es, dass sich den anderen Hühnern die Federn sträubten und der Hahn den Kamm sinken ließ. Es ist wirklich wahr.
Aber wir wollen von Anfang anfangen, und der war am anderen Ende des Dorfes in einem Hühnerhaus. Die Sonne ging unter und die Hühner flogen auf. Eins von ihnen, es war weißgefiedert und kurzbeinig, legte seine vorgeschriebene Anzahl Eier und war, als Huhn, in jeder Weise respektabel. Als es die Leiter hinaufstieg, krause es sich mit dem Schnabel, und dabei fiel ihm eine kleine Feder aus.
»Hin ist hin!« sagte es. »Je mehr ich mich putze, desto schöner werde ich noch!« Das war scherzhaft hingesprochen; denn es war das lustigste unter den Hühnern, im übrigen war es, wie gesagt, sehr respektabel; und dann schlief es ein.
Ringsum war es dunkel, Huhn an Huhn saß auf der Stange; aber das, was am nächsten dabei gesessen hatte, schlief noch nicht. Es hörte halb, halb hörte es nicht, wie man es ja in dieser Welt handhaben soll, um seine Gemütsruhe zu bewahren. Aber seiner anderen Nachbarin musste es doch noch schnell zuflüstern: »Hast Du gehört, was hier gesprochen worden ist? Ich nenne keinen Namen, aber es gibt hier ein Huhn, das sich rupfen will, um schön auszusehen! Wenn ich ein Hahn wäre, würde ich es verachten.«
Gerade gegenüber den Hühnern saß die Eule mit ihrem Eulenmann und den Eulenkindern; in dieser Familie hat man scharfe Ohren, sie hörten jedes Wort, was das Nachbarhuhn sagte. Und sie rollten mit den Augen und die Eulenmutter fächelte sich mit den Flügeln: »Hört nur nicht hin! Aber Ihr habt es wohl doch gehört, was dort drüben gesprochen wurde? Ich hörte es mit meinen eigenen Ohren, und man hört ja viel ehe sie abfallen! Da ist eins unter den Hühnern, was in einem solchen Grade vergessen hat, was sich für ein Huhn schickt, dass es sitzt und sich alle Federn vom Leibe zupft und es den Hahn mit ansehen lässt!«
»Prenez garde aux enfants!« sagte der Eulenvater, »das ist nichts für die Kinder.«
»Ich will es doch der Nachbareule erzählen! Das ist eine so ehrenwerte Eule im Umgang!« damit flog die Mutter fort.
»Hu-Hu! uhuh!« tuteten die beiden gerade in den gegenüberliegenden Taubenschlag zu den Tauben hinein. »Habt Ihr schon gehört? uhuh! Da ist ein Huhn, dass sich alle Federn ausgerupft hat wegen des Hahns. Es wird tot frieren, wenn es nicht schon tot ist, uhuh!« »Wo? Wo?« gurrten die Tauben.
»Im Nachbarhofe! Ich habe es so gut wie selbst gesehen. Es ist zwar eine etwas unanständige Geschichte, aber es ist wirklich wahr!«
»Glaubt nur, glaubt nur jedes einzige Wort« sagten die Tauben und gurrten zu ihrem Hühnerstall hinab: »Da ist ein Huhn, ja, einige sagen sogar, es seien zwei, die sich alle Federn ausgerupft haben, um nicht wie die anderen auszusehen und dadurch die Aufmerksamkeit des Hahns zu erregen. Das ist ein gewagtes Spiel, man kann sich dabei erkälten und am Fieber sterben, nun sind sie beide tot!«
»Wacht auf! Wacht auf!« krähte der Hahn und flog auf den Zaun. Der Schlaf saß ihm noch in den Augen, aber er krähte trotzdem: »Es sind drei Hühner aus unglücklicher Liebe zu einem Hahn gestorben! Sie haben sich alle Federn ausgerupft! Das ist eine hässliche Geschichte, ich will sie nicht für mich behalten, lasst sie weitergehen!«
»Lasst sie weitergehen!« pfiffen die Fledermäuse, und die Hühner gluckten und der Hahn krähte: »Lasst sie weitergehen! Lasst sie weitergehen!« Und so eilte die Geschichte von Hühnerhaus zu Hühnerhaus und endete zuletzt bei der Stelle, von wo sie ausgegangen war.
»Da sind fünf Hühner,« hieß es, »die sich alle die Federn ausgerupft haben, um zu zeigen, welches von ihnen am magersten vor Liebeskummer um den Hahn geworden wäre, und sie hackten auf einander los, bis das Blut floss und fielen tot zur Erde, ihrer Familie zu Schimpf und Schande und dem Besitzer zu großem Verlust.«
Das Huhn, das die lose, kleine Feder verloren hatte, erkannte sich natürlich in der Geschichte nicht wieder, und da es ein respektables Huhn war, sagte es: »Diese Hühner verachte ich. Aber es gibt mehr von dieser Art. So etwas soll man nicht vertuschen, ich will jedenfalls das meinige dazu tun, dass die Geschichte in die Zeitung kommt, dann geht sie durch das ganze Land, das haben die Hühner verdient und die Familie auch!«


Und es kam in die Zeitung und wurde gedruckt und es ist wirklich wahr: Aus einer kleinen Feder können schnell fünf Hühner werden!

Und die Moral von der Geschicht´? Bevor ihr alles weiter tratscht informiert euch über den Wahrheitsgehalt.

Ich wünsche euch noch einen Schönen Abend!
Alles Liebe,
Euer Jack



Dienstag, 16. Dezember 2014

[Märchen-Adventskalender] Unbekannte Märchen, Teil III

Hallo liebe Blogger-Freunde! Heute öffnen wir schon das 16. Türchen! Um Himmels Willen, die Zeit vergeht! Seid ihr auch schon im Weihnachtsstress wie ich oder habt ihr eher eine ruhige Zeit? :)


Heute gibt´s wieder einen Post der Rubrik "Unbekannte Märchen".

Ich möchte euch gerne "Der Engel" von H.C.Andersen vorstellen. Ein wunderschönes Märchen aus Dänemark, in dem es um Blumen, Engel, Gott und Kinder geht. 
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!

Alles Liebe
Euer Jack




Der Engel


Jedesmal, wenn ein gutes Kind stirbt, kommt ein Engel Gottes zur Erde hernieder, nimmt das tote Kind auf seine Arme, breitet die großen, weißen Flügel aus und pflückt eine ganze Hand voll Blumen, welche er zu Gott hinaufbringt, damit sie dort noch schöner als auf der Erde blühen. Der liebe Gott drückt alle Blumen an sein Herz, aber der Blume, welche ihm die liebste ist, giebt er einen Kuß, und dann bekommt sie Stimme und kann in der großen Glückseligkeit mitsingen.
Sieh, alles dieses erzählte ein Engel Gottes, indem er ein totes Kind zum Himmel forttrug, und das Kind hörte wie im Traume; sie flogen über die Stätten in der Heimat, wo der Kleine gespielt hatte und kamen durch Gärten mit herrlichen Blumen.
»Welche wollen wir nun mitnehmen und in dem Himmel pflanzen?« fragte der Engel.
Da stand ein schlanker, herrlicher Rosenstock, aber eine böse Hand hatte den Stamm abgebrochen, sodaß alle Zweige, voll von großen, halbaufgebrochenen Knospen, rundherum vertrocknet hingen.
»Der arme Rosenstock!« sagte das Kind. »Nimm ihn, damit er oben bei Gott zum Blühen kommen kann!«
Und der Engel nahm ihn, küßte das Kind dafür, und der Kleine öffnete seine Augen zur Hälfte. Sie pflückten von den reichen Prachtblumen, nahmen aber auch die verachtete Butterblume und das wilde Stiefmütterchen.
»Nun haben wir Blumen!« sagte das Kind und der Engel nickte, aber er flog noch nicht zu Gott empor. Es war Nacht und ganz still; sie blieben in der großen Stadt und schwebten in einer der schmalen Gassen umher, wo Haufen Stroh und Asche lagen; es war Umzug gewesen. Da lagen Scherben von Tellern, Gipsstücke, Lumpen und alte Hutköpfe, was alles nicht gut aussah.
Der Engel zeigte in allen diesen Wirrwarr hinunter auf einige Scherben eines Blumentopfes und auf einen Klumpen Erde, der da herausgefallen war und von den Wurzeln einer großen, vertrockneten Feldblume, welche nichts taugte und die man deshalb auf die Gasse geworfen hatte, zusammengehalten wurde.
»Diese nehmen wir mit!« sagte der Engel. »Ich werde Dir erzählen, während wir fliegen!«
Sie flogen und der Engel erzählte:
»Dort unten in der schmalen Gasse, in dem niedrigen Keller, wohnte ein armer, kranker Knabe. Von seiner Geburt an war er immer bettlägerig gewesen; wenn es ihm am besten ging, konnte er auf Krücken die kleine Stube ein paarmal auf und nieder gehen, das war alles. An einigen Tagen im Sommer fielen die Sonnenstrahlen während einer halben Stunde bis in den Keller hinab, und wenn der Knabe dasaß und sich von der warmen Sonne bescheinen ließ und das rote Blut durch seine feinen Finger sah, die er vor das Gesicht hielt, dann hieß es: ›Heute ist er aus gewesen!‹ Er kannte den Wald in seinem herrlichen Frühjahrsgrün nur dadurch, daß ihm des Nachbars Sohn den ersten Buchenzweig brachte, den hielt er über seinem Haupte und träumte dann unter Buchen zu sein, wo die Sonne scheint und die Vögel singen. An einem Frühlingstage brachte ihm des Nachbars Knabe auch Feldblumen, und unter diesen war zufällig eine mit der Wurzel, deshalb wurde sie in einen Blumentopf gepflanzt und am Bette neben das Fenster gestellt. Die Blume war mit einer glücklichen Hand gepflanzt, sie wuchs, trieb neue Zweige und trug jedes Jahr ihre Blumen; sie wurde des kranken Knaben herrlichster Blumengarten, sein kleiner Schatz hier auf Erden; er begoß und pflegte sie, und sorgte dafür, daß sie jeden Sonnenstrahl, bis zum letzten, welcher durch das niedrige Fenster hinunterglitt, erhielt; die Blume selbst verwuchs mit seinen Thränen, denn für ihn blühte sie, verbreitete sie ihren Duft und erfreute das Auge; gegen sie wendete er sich im Tode, da der Herr ihn rief. Ein Jahr ist er nun bei Gott gewesen, ein Jahr hat die Blume vergessen im Fenster gestanden und ist verdorrt und wurde deshalb beim Umziehen im Kehricht hinaus auf die Straße geworfen. Und dies ist die Blume, die arme vertrocknete Blume, welche wir mit in unsern Blumenstrauß genommen haben, denn diese Blume hat mehr erfreut, als die reichste Blume im Garten einer Königin!«

»Aber woher weißt Du das alles?« fragte das Kind, welches der Engel gen Himmel trug.
»Ich weiß es,« sagte der Engel, »denn ich war selbst der kleine, kranke Knabe, welcher auf Krücken ging; meine Blume kenne ich wohl!«
Das Kind öffnete seine Augen ganz und sah in des Engels herrliches, frohes Antlitz hinein, und im selben Augenblick befanden sie sich in Gottes Himmel, wo Freude und Glückseligkeit war. Gott drückte das tote Kind an sein Herz und da bekam es Schwingen, wie der andere Engel und flog Hand in Hand mit ihm. Gott drückte alle Blumen an sein Herz, aber die arme verdorrte Feldblume küßte er, und sie erhielt Stimme und sang mit allen Engeln, welche Gott umschwebten, einige ganz nahe, andere um diese herum in großen Kreisen und immer weiter fort, in das Unendliche, aber alle gleich glücklich. Und alle sangen sie, klein und groß, samt dem guten, gesegneten Kinde und der armen Feldblume, welche verdorrt dagelegen, hingeworfen in den Kehricht des Umziehtages, in der schmalen, dunkeln Gasse.


Montag, 15. Dezember 2014

[Märchen-Adventskalender] Rezension zu Marmorkuss von Jennifer Benkau

  • *Leseprobe*
  • Gebundene Ausgabe: 432 Seiten
  • Verlag: script5
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-13: 978-3839001660
Inhalt:

Jarno, ein rastloser Underdog, küsst ein Dornröschen aus dem letzten Jahrhundert wach – und wird mit ihr in einen Strudel aus Liebe und Gefahr gezogen. Ein berührender Roman mit zwei Liebenden aus verschiedenen Zeiten, meisterhaft erzählt. Er war ihr in einer alten, mit Rosen überwucherten Villa begegnet – der geheimnisvollen Figur aus weißem Marmor. Und Jarno hatte sich tatsächlich beim Fotografieren der steinernen Schönheit ein bisschen in sie verliebt.

Wie verwirrt ist er nun, als nach seinem schüchternen Kuss eine lebendige junge Frau vor ihm steht, die weder elektrisches Licht noch zerrissene Jeans kennt und offenbar hundert Jahre geschlafen hat. Es beginnt eine märchenhafte Liebesgeschichte und gleichzeitig ein Spiel auf Leben und Tod. Denn Jarno ist kein Prinz – im wirklichen Leben steckt er tief in einem Sumpf aus Verbrechen ...

Der erste Satz:

        Pisseflecken an grauer Betonwand.




Das sagt Lucy:


Als ich das erste Mal von diesem Buch hörte, hab ich einen Hüpfer gemacht vor Freude. Eine meiner liebsten, deutschen Autorinnen hat etwas über eines meiner liebsten Märchen geschrieben. Ich konnte es kaum fassen. Und ich musste diese Geschichte unbedingt lesen.

Die beiden Protagonisten sind unverkennbar Benkau-Charaktere und etwas ganz Eigenes. Da haben wir zum Einen unser "Dornröschen" Klara, ein junges Mädchen mit feministischen Zügen, das aus dem letzten Jahrhundert stammt, und sich nichts sehnlicher wünscht als Lehrerin zu werden und trotzdem heiraten zu dürfen. Und zum anderen Jarno, ein Typ, der laut Klara wie ein Pirat aussieht, der sich mit Minijobs durchkämpft und für seine Fotografie lebt. Auf einer seiner Foto-Erkundungstouren begegnet er auch der versteinerten Klara und ist sofort fasziniert von ihrer Perfektion. Immer wieder besucht er den Ort, an dem die Statue steht, und versucht dort das Foto zu schießen, das es ihm möglich machen könnte, den Fotowettbewerb mit dem Thema "Sehnsucht nach Wärme" zu gewinnen und damit den Durchbruch zum Profifotografen zu schaffen. Dass er sein steinernes Model dabei küsst, passiert eher zufällig, und dass er es dabei entzaubert, kapieren sie beide erst eine ganze Weile später.

Eine spannende Story mit Verfolgung, böser Zauberei und der Darstellung von einer Stadt zu zwei unterschiedlichen Zeiten beginnt. Und natürlich finden dabei auch Klara und Jarno ihren Weg zueinander. Nur ging mir das eindeutig zu flott. Ich hab mich zwar ein bisschen in jede der Szenen verliebt, in der sich die Zwei angenähert haben, aber den Übergang zwischen der Kennenlern- und der Ich-möchte-Sex-und-mehr-mit-dir-Phase habe ich nicht richtig gespürt. Noch dazu, wo beide zuvor noch Gefühle für jemand anderen hatten.

Auch die Nebencharaktere sind mir ans Herz gewachsen, sowohl Klaras niedliche beste Freundin, die ich mir ganz wunderbar als Lehrerin vorstellen konnte, als auch Jarnos toughe Mitbewohnerin Seval, die politisch interessiert ist und sich nicht nur dort für Schwächere einsetzt. Und auch die Antagonistin, eine Hexe namens Elise, ist eine interessante Figur. Schade fand ich nur, dass ihr Motiv nichts mit dem der Dunklen Fee aus dem Dornröschen-Märchen gemeinsam hatte.

 Einer der Gründe, weshalb ich so gerne Bücher von Jennifer Benkau lese, ist ihre Art zu schreiben. Ich liebe den Benkau-Stil - direkt, frech, aber dennoch poetisch - und in diesem Buch wurde diesem noch ein ganz besonderes Detail hinzugefügt. Wir bekommen also nicht nur, wie wir es von Jenny sowieso schon gewohnt sind, die männliche und die weibliche Protagonistenstimme zu hören, sondern der Übergang zwischen Klaras und Jarnos Sicht ist bis zum "weckenden Kuss"-Moment sogar so fließend, dass es sich von Beginn an so anfühlt, als wären die beiden gedanklich und emotional miteinander verbunden. Der letzte Satz des Kapitels endet nämlich jeweils mit drei Pünktchen mitten im Satz und wird zu Beginn des neuen Kapitels mit dem zweiten Satzteil fortgeführt. Ich muss gestehen, dass ich es etwas schade fand, dass diese Konstruktion nicht bis zum Ende des Romans beibehalten wurde.

Insgesamt war Marmorkuss ein tolles Buch, aber mit dem Dornröschen-Märchen selbst hat es letztendlich sehr wenig zu tun - was ich persönlich ziemlich schade fand und zuvor gerne gewusst hätte. Bis zum Ende hin hatte ich nämlich noch gehofft, dass da noch mehr Elemente aus dem Originalmärchen auftauchen.


Fazit:

Für interessante Charakltere, die wie der direkte und poetische Schreibstil unvergleichbar Jenny-Benkau sind; für eine spannende Handlung, die mich eine Nacht durchlesen hat lassen; für den Bogen, der mit etwas Gesellschaftskritik und einer guten Prise Witz zwischen Damals und Heute geschlagen wurde; Punktabzug gibt es lediglich dafür, dass die Geschichte letztlich so gut wie nichts mit dem Dornröschen-Märchen zu tun hatte; das heißt, Marmorkuss bekommt von mir 5,5 Wombats.





Sonntag, 14. Dezember 2014

[Märchen-Adventskalender] Märchen damals und heute, Teil IV

Ich wünsche euch einen wunderschönen Sonntag! :)

Weiter geht´s mit unserem Märchen-Adventkalender. Hinter dem nächsten Türchen befindet sich wieder "Märchen damals und heute".

Heute geht es um das Märchen "Rapunzel".



Rapunzel, ein Mädchen mit wunderschönen langen Haaren, wird von einer bösen Hexe in den Turm gesperrt und niemand kann hinein oder heraus. Wenn die Hexe Rapunzel besuchen wollte, so musste diese immer ihre langen Haare runter lassen, an denen die Hexe dann hoch kletterte.
Einer Tages kam ein Prinz daher, der Rapunzel im Fenster sah. Also sprach er "Rapunzel! Rapunzel!" Lass´ dein Haar herunter!" Dies geht ein paar Tage so, bis die böse Hexe dahinter kam. Aus Eifersucht schnitt sie Rapunzel die Haare ab und flocht sie selbst in ihr Haar. Am nächsten Tag kletterte der Prinz erneut den Turm hoch und ging direkt der Hexe in die Falle. Er befreite sich und stürzte die Hexe den Turm herunter. Er befreite Rapunzel und wenn sie nicht gestorben sind dann leben sie noch heute!

In der Originalversion ist gar nicht soooo viel anders:

Die böse Hexe verbannte Rapunzel in die Wüste, nachdem ihr die Haare abgeschnitten wurden. Der Prinz wurde von der Hexe den Turm herunter geworfen und er landete in einem Dornenbusch. Dieser bremste zwar den Sturz ab, aber die Dornen stachen ihm in die Augen und er erblindete. Er irrte herum und als er ziellos in der Wüste umher lief fand ihn Rapunzel. Sie weinte bitterlich um ihn und als ihre Tränen seine Augen berührten, erlangte der Prinz sein Augenlicht zurück. Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende.

So, das war´s wieder für heute mit unserem Adventskalender.

Lasst das Wochenende ruhig ausklingen und startet morgen gut in die neue Woche!

Alles Liebe
Euer Jack

Samstag, 13. Dezember 2014

[Märchen-Adventskalender] Interview mit Jennifer Benkau

Hallo ihr Lieben,

mit ihrem neuem YA-Roman Marmorkuss lässt Jennifer Benkau ein schlafendes Dornröschen aus dem letzten Jahrhundert in der heutigen Zeit erwachen. Wir haben nachgefragt, wie die deutsche Erfolgsautorin allgemein so zu Märchen steht.

10 märchenhafte Fragen an Jennifer Benkau



1.  Wie kamst du auf die Idee zu Marmorkuss?

J: Wie fast immer bei meinen Büchern kam eine Figur – in diesem Fall Jarno – mit einer Überlegung zusammen, die ich schon als Kind gehabt hatte, und die lautete: Fängt mit dem Dornröschenkuss die Geschichte nicht erst an, interessant zu werden?

2. Gibt es einen bestimmten Grund, weshalb du dich für das Märchen Dornröschen als Grundlage entschieden hast?

J: Das ergab sich eher zufällig. Ich hatte nie den Plan, irgendeine Märchenadaption zu schreiben und musste nur das richtige Märchen finden. Eher war das Märchen bloß Inspiration; die Geschichte selbst hat damit nicht mehr viel zu tun.

3. Welche Rolle spielt das Originalmärchen in deiner Geschichte?

J: Nur noch eine untergeordnete. Die Schwerpunkte liegen deutlich anders.

4. Welche Bedeutung haben deiner Meinung nach Märchen ganz allgemein?

J: Es wird mMn zu viel in klassische Märchen hineininterpretiert. Alle Märchen lehren uns …, Märchen bedeuten …, Kinder brauchen Märchen, weil … - papperlapapp! Märchen sind Geschichten, spannend genug, um beinah jeden zu interessieren und einfach genug, dass man sie von Mensch zu Mensch weitererzählen kann. Das allein ist fantastisch genug. Man muss nicht zwanghaft etwas hineininterpretieren – und wenn, dann bitte bei jedem Märchen einzeln.

5. Was ist für dich typisch Märchen?

J: Die Zeitlosigkeit. „Es war einmal …“ wird in 1000 Jahren noch funktionieren.

6. Hast du als Kind viele Märchen vorgelesen bekommen bzw. selbst gelesen?

J: Ja. Zum einen hat meine Uroma mir immer Märchen vorgelesen (und dabei die grausamen Details ausgeblendet, wie ich es anfangs auch bei meinen Kindern gemacht habe). Zum anderen hatten ich einen kleinen Schallplattenspieler (ja – so alt bin ich schon) und eine große Sammlung an Märchenschallplatten.

 7. Liest du deinen Kindern manchmal Märchen vor bzw. lesen sie selbst welche?

J: Ja, vor allem meine jüngere Tochter, die Achtjährige, steht gerade sehr auf Märchen. Und (pscht) meine Älteste bekommt zu Weihnachten auch eine Dornröschen-Adaption: Ewiglich Dornröschen? Kick my ass! Mit fast 14 muss man das „es war einmal“ halt etwas hipper verpacken ;-)

8. Hast du ein Lieblingsmärchen – wenn ja, welches und warum ausgerechnet dieses? 

J: Ich oute mich: Ich bin ein großer Fan der Disney-Adaptionen. Küss den Frosch fand ich großartig; so modern, so viel Jazz, die zauberhafte deutsche Synchronstimme von Tiana mit dem Südstaatenakzent  und diese herrliche Sterbeszene *hach*.

9. Mit welchem Märchencharakter kannst du dich selbst am meisten identifizieren?

J: Keine Ahnung, aber ich wär gern so clever und schlagfertig wie der gestiefelte Kater!

10. Hast du ein liebstes Zitat aus einem Märchenbuch oder Märchenfilm?

J: Nein, aber bei der Frage läuft in meinem Kopf wieder „Let it go“ aus Frozen/Die Eiskönig los. So schön kitschy. Großes Kino, ich hab hemmungslos geheult.
 

Freitag, 12. Dezember 2014

[Märchen-Adventskalender] Märchen damals und heute, Teil III

HalliHallo und einen schönen Start ins Wochenende wünsche ich euch!
Heute kommt wieder ein Post aus der Reihe "Märchen damals und heute" :)


 Märchen des Tages:

Bibi-di-babidi-bu!

"Aschenputtel"

 

 


Ich denke, auch hier kennt jeder die Geschichte. Ein armes Mädchen wird - wie so oft - von der bösen Stiefmutter mies behandelt und ihre Stiefschwestern machen es nicht anders. Als der Prinz eine Frau sucht, erscheint Aschenputtel eine gute Fee, die sie in ein wunderschönes Kleid zaubert mit den allseits bekannten gläsernen Schuhen. Im Laufe des Abends verliert sie leider Schuh, und der Prinz hofft nun durch diesen Schuh seine Angebetene zu finden, denn sie hat ihm ihren Namen nicht verraten.
Die bösen Stiefschwestern sehen ihre Chance und quetschen sich in den Schuh, der natürlich nicht passt. Am Ende passt er nur Aschenputtel. 


Die Grimm-Version:


Die Stiefschwestern wissen, dass sie nicht in den Schuh passen. Also befiehlt die Mutter, dass sich die erste Tochter die Zehen abschneiden soll damit sie hinein passt. Der Schuh ist voller Blut, daran erkennt der Prinz, dass sie nicht die Richtige ist. 
Der zweite Tochter muss sich die Fersen abschneiden, allerdings merkt der Prinz auch das recht schnell.
Das Ende ist das gleiche: wenn sie nicht gestorben sind dann leben sie noch heute :)


So, das war´s dann auch wieder!
Ich wünsche euch ein wunderschönes und erholsames Wochenende!

Liebe Grüße
Euer Jack

Donnerstag, 11. Dezember 2014

[Märchen-Adventskalender] Märchen damals und heute, Teil II

Hallo meine Lieben Blogger-Freunde

und herzlich Willkommen zu "Märchen damals und heute, Teil II".

Na, wem hat unser "Adventstürchen" gestern gefallen und wer ist nun neugierig auf weitere Märchen? Heute sage ich euch, was die Gebrüder Grimm eigentlich geschrieben haben in …

Schneewittchen und die sieben Zwerge




Schneewittchen flieht vor ihrer bösen Stiefmutter in den Wald zu den sieben Zwergen, weil diese sie umbringen möchte. In Gestalt einer alten Frau bietet die böse Stiefmutter Schneewittchen einen Apfel an. Als sie hinein beißt, fällt Schneewittchen in einen tiefen Schlaf (manchmal spricht man auch von ihrem Tod). Als ein junger Prinz daher reitet und das schöne Schneewittchen sieht, küsst er sie und sie erwacht wieder zu neuem Leben. Denn nur der Kuss der wahren Liebe kann sie wieder erwecken.

So kennen wir das Schneewittchen-Märchen.  Doch die Gebr. Grimm haben es zunächst noch ganz anders aufgeschrieben:

Die böse Stiefmutter kommt dreimal in das kleine Häuschen der Zwerge. Das erste Mal kommt sie mit Schnürriemen, um Schneewittchens Korsett zu schnüren. Doch sie bindet so fest, dass die Prinzessin keine Luft mehr bekommt und umfällt. Gerade noch rechtzeitig kommen die Zwerge zu Hilfe und schneiden die Riemen durch.
Der zweite Besuch verlief ähnlich. Die böse Stiefmutter kam verkleidet zu ihr und bot ihr einen neuen Kamm an. Dieser jedoch war vergiftet und sobald er Schneewittchens Haar berührte verteilte sich das Gift und sie fiel um. Auch dieses Mal kamen die Zwerge rechtzeitig und zogen ihr den Kamm aus den Haaren.
Also kam die Stiefmutter ein drittes Mal und gab Schneewittchen einen Apfel. Das Obst war auch vergiftet und Schneewittchen biss hinein und fiel tot um. Die Zwerge wussten sich nicht zu helfen und trauerten sehr um ihre geliebte Prinzessin. Dann kam ein Prinz daher (in der Urfassung ist es sogar der Vater, der kommt und sie rettet, da spielt der Prinz gar keine Rolle, einmal abgesehen davon, dass Schneewittchen am Ende mit einem vermählt wird) und wollte das wunderschöne Schneewittchen mit auf sein Schloss nehmen. Die Zwerge trugen den gläsernen Sarg, in dem sie das Mädchen aufgebahrt hatten, als ein Zwerg plötzlich stolperte. Der Sarg krachte zu Boden und durch die Erschütterung löste sich das vergiftete Apfelstück aus ihrem Hals und sie fing wieder an zu atmen.
Die böse Stiefmutter wurde bestraft, indem sie auf heißen Kohlen tanzen musste, bis sie des Todes war.


So läuft "Schneewittchen und sie sieben Zwerge" in der nicht-jugendfreien Version ab. Ich hoffe, es hat euch gefallen und ihr schaut auch morgen bei uns vorbei :)

Alles Liebe
Euer Jack